Spielend die graue Substanz fördern: diese Spiele halten geistig fit
Was für sämtliche Muskeln im Körper zutrifft, gilt auch fürs Gehirn: nur was man aktiv nutzt, bleibt erhalten. Und während man mit fortgeschrittenem Alter auf ausreichend Bewegung und passende sportliche Aktivitäten achten sollten, ist mentales Training ebenso wichtig. Und das geht spielerisch und kann absolut unterhaltsam sein: ganz gleich ob traditionelle Karten- und Brettspiele, ohne Elektronik zu nutzen oder moderne Video- und Computerspiele: es gibt reichlich Auswahl, wie Sie Gedächtnissport betreiben wollen.
3D-Spiele an Videokonsolen können tatsächlich der Demenz vorbeugen. Zu diesem Ergebnis kamen kanadische Forscher an der Universität von Montreal im Rahmen einer sechsmonatigen Studie, in der die Probanden im Alter von 55 bis 75 Jahren in drei Gruppen aufgeteilt wurden: die erste Gruppe spielte an fünf Tagen pro Woche rund 30 Minuten „Super Mario 64“, und das, obwohl sie sich zuvor noch nie mit 3D-Computerspielen beschäftigt hatten. Die zweite Gruppe spielte regelmäßig Klavier, die dritte Gruppe nahm als Kontrollgruppe keine Veränderungen vor. Die Ergebnisse waren erstaunlich: nur bei den videospielenden Probanden nahm die Graue Substanz im Hippocampus zu – der Bereich des Gehirns, in dem neue Eindrücke als Erinnerungen gespeichert und räumliche Informationen verarbeitet werden. Bei den Super Mario-Spielern verbesserte sich zudem die Struktur der Gehirnregion, die für Bewegung und Gleichgewicht zuständig ist, ein Bereich, der sich auch bei den Klavierspielern verbesserte. Bei der Kontrollgruppe, die keine Veränderungen vornahm, ließ sich hingegen ein Abbau der Grauen Substanz feststellen. Auf diesen Erkenntnissen basierte die Idee, spezielle Videospiele zu entwickeln, die dabei helfen können geistig fit zu bleiben.
Seitdem gab es etliche Entwicklungen in diese Richtung – viele Seniorenheime wurden in einem Pilotprojekt beispielsweise mit einer „Memorebox“, entwickelt von einem Hamburger Start-Up Unternehmen, ausgestattet. Die Krankenkasse Barmer finanzierte den Einsatz in über 100 Institutionen in Deutschland, wo für die Bewohner der Heime wöchentliches Videospielen fest mit ins Programm aufgenommen und die Ergebnisse dann wissenschaftlich ausgewertet wurden. Dabei wird vor allem Sport wie Kegeln, Tischtennis aber auch Ausflugsfahrten mit dem Auto simuliert, um den Senioren neu Reize zu bieten. Auch sogenannte Health Games mit therapeutischem Ansatz werden eingesetzt, bei denen die Bewohner der Heime munter zocken können.
Natürlich können auch klassische Spiele dabei helfen das Gedächtnis auf Trab zu halten: Kreuzworträtsel, Sudoku, Schach und Rechentests gelten als sinnvoller Gehirnsport. Der technologische Fortschritt bietet dabei jedoch weitaus mehr Möglichkeiten als die ursprünglichen Rätsel in der Tageszeitung oder die Notwendigkeit von Mitspielern bei Brettspielen. Heute kann am Computer, an Konsolen oder auch über Smartphone-Apps gespielt werden. Sogar Casino-Seiten locken mit attraktiven Freispielangeboten und Willkommens-Boni für zahllose Online-Slot-Maschinen mit ganz unterschiedlichen Thematiken und vielseitigen Reizen fürs Gehirn, und auch der Bereich Videospiele ist schier grenzenlos.
Abenteuer-, Roleplaying-, Action- und Strategiespielen – das Angebot ist riesig. Der Verband der Deutschen Games Branche Games.de untersuchte beispielsweise das Verhalten von sogenannten „Silver Snipers“ – älterer Spieler, die sich für das Shooter-Game „Counter Strike: Global Offensive“ begeistern und das sich leicht auch über das Smartphone oder Tablet spielen lässt, ohne die Anschaffung einer speziellen Gaming-Konsole. Die Silver Snipers kündigten sogar ihre eigene World Tour an und suchten in diesem Zusammenhang nach gleichaltrigen Gegnern aus aller Welt. Überraschend war im Zusammenhang des wissenschaftlichen Artikels auch, dass Videospieler in Deutschland nicht vornehmlich Kinder und Jugendliche sind. Mit 25 Prozent sind „Silver Gamer“ die größte Nutzergruppe, mehr als neun Millionen Deutsche im Alter von 50 Jahren und aufwärts spielten zum Zeitpunkt der Publikation Video- und Computerspiele.
Die Studie „Digital Mobil im Alter“, durchgeführt von Telefónica und der Stiftung Digitale Chancen, ergab, dass Menschen dieser Altersgruppe ihr Smartphone vornehmlich für E-Mail, Fahrpläne und zur Navigation nutzen, an vierter Stelle lagen jedoch Spiele zum Zeitvertreib – rund jeder zweite davon verwendet App-Games. Frauen spielen dabei vorliebend Denkspiele wie Mah-Jongg oder lösen Kreuzworträtsel, lieben aber auch das bunte Geschicklichkeitsspiel Candy Crush. Männer begeistern sich für Kartenspiele wie Skat, aber auch für Sport-Games rund um Fußball oder Eishockey.
Erwiesen wäre damit, dass Video- und Computerspiele nicht nur den Geist auf Trab halten, sondern von Menschen 50+ auch wirklich gewünscht werden, besonders wenn der Zugang einfach ist und diese leicht erlernt werden können. Auf YouTube gibt es einen eigenen Channel mit dem Namen „Senioren Zocken“, der mittlerweile knapp 750.000 Abonnenten besitzt. Landwirtschaftssimulatoren und LKW-Rennen werden dabei ebenso live gestreamt wie Minecraft- und Fortnite-Sitzungen – Spiele, die bei jung und alt gleichermaßen populär sind.
Eine spezielle Version der „Memorebox“ für den Gebrauch in Privathaushalten soll Ende 2021 auf den Markt kommen, um Senioren beim Gedächtnissport zu unterstützen, doch es scheint als haben auch ältere Menschen keine Berührungsängste, was „normale“, derzeit populäre Spiele betrifft. Zu den beliebtesten Online-Kartenspielen gehören in der Alterskategorie Solitär als Smartphone-App sowie Doppelkopf Clubmeister XXL 2 oder The Royal Club – Skat für den PC. Die mobile App Train Simulator wie auch Eisenbahn Simulator und Flight Simulator sind angesagte Simulationsspiele, während Dr. Kawashimas Gehirn Jogging, mittlerweile auch für Nintendo Switch erhältlich, im Bereich Gedächtnisspiele neben der Sudoko- und Roll the Ball-App begeistert.
Gerade im Bereich mobiles Gaming sind bei älteren Generationen vor allem Tablets beliebt, da sie größere Tasten besitzen und sich dadurch leichter navigieren lassen als ein Smartphone. Software-Hersteller Media4Care entwickelte sogar ein spezielles Senioren-Tablet mit sechs einfachen, vorinstallierten Apps, großen Texten und leichter Bedienbarkeit in jedem Alter, wobei die Senioren hierüber auch mit Familienmitgliedern per Chat oder Video kommunizieren und sich so stärker verbunden fühlen können, was wiederum der mentalen Gesundheit zuträglich ist.