Hamburgs Graffitikünstler hautnah erleben

Graffitis haben bei der allgemeinen Bevölkerung einen schlechten Ruf. Sie gelten als illegale Schmierereien und Verschmutzung des öffentlichen Eigentums oder privater Hauswände. Das sind sie leider auch in vielen Fällen, doch weniger so in Hamburg. Die Metropole hat nämlich schon vor einiger Zeit die Kraft des Graffitis erkannt und nutzt es zur Verschönerung ihrer Gebäude und der künstlerischen Gestaltung des Stadtbildes. Um Hamburgs Graffitikünstler hautnah zu erleben, müssen Sie gar nicht weit blicken. Die beste Kunst dieser bewegten Stadt findet sich nämlich auf der Straße, ganz kostenfrei und jederzeit zugänglich. Wir stellen Ihnen ein paar unserer Lieblinge vor und versuchen auch Sie somit auf den Geschmack des Graffiti zu bringen.

Ottensen und seine Große Welle

Eines der weltweit bekanntesten japanischen Motive ist die “Große Welle von Kanagawa”, die 1831 von Katsushika Hokusai geschaffen wurde. Ein paar Jahrhunderte später können wir sie an der Wand eines Schönheitssalons in Ottensen bestaunen. Sie schwappt in den strahlenden Blautönen, die schon Hokusai so gefallen haben. Er hat die Farbe tatsächlich ganz speziell für seine große Welle importieren lassen und sie trug treffenderweise den Namen “Berliner Blau”. Nicht nur der farbliche Bezug zu Deutschland macht sie zum idealen Motiv Hamburgs, sondern auch der Bezug zum maritimen Flair, das sowohl Hamburger als auch Besucher sehr lieben.

Der Seebär im Hinterhof

Maritim geht es auch im Hinterhof der Lippmannstraße zu. Nicht weit von der Schanze befindet sich das riesige Auftragsgemälde eines Fischermanns, der mit der Pfeife im Mund, einem wuchtigen weißen Bart und im gestreiften Shirt auf seinem Handy tippt. Der Kontrast zwischen dem Alten und Neuen ist auch auf seinen starken Armen sichtbar, die wie tätowiert mit etlichen Logos sozialer Medien übersehen sind. Das Gemälde gefällt nicht nur den Auftraggebern, deren Firma hier ihren Sitz hat, sondern auch Passanten und Bewohnern zugleich. Sie bestaunen die stilvolle Kunst oft und gerne, besonders weil die ursprünglich graue Mauer nun in bunten Farben strahlt.

Moderne und Vergangenheit

Das Gängeviertel war ursprünglich das Zuhause unzähliger Arbeiterfamilien und erstreckte sich vom Hafen aus ganz bis zur Innenstadt. Nur wenige Straßen überlebten, als Ausbrüche der Cholerapandemie im 19. Jahrhundert für Aufregung sorgten. Was danach noch übrig blieb, sollte 2009 abgerissen werden, wurde aber von 200 Künstlern besetzt und gerettet. Sie setzten sich für den historischen und künstlerischen Wert des Viertels ein. Heute gilt diese Ecke Hamburgs als eine der spannendsten. Regelmäßige Konzerte und Partys in der “Fabrique”, dem Herzstück des Viertels, ziehen Hamburger und Besucher gleichermaßen an. Dabei ist das Viertel vor allem für seine Straßenkunst bekannt. Neben bunten Motiven finden sich hier auch unzählige sogenannten Tags, also die Unterschriften der Künstler. Mal mehr mal weniger stilvoll sind sie Teil des Stadtbildes und spiegeln das vielleicht etwas undankbarere Leben in diesem Viertel wider. Hier ist das Leben im stetigen Wandel und die Gegenwart vermischt sich mit der Geschichte Hamburgs.

Wer in Hamburg Graffitis sehen möchte, muss nicht lange suchen. Neben diesen bekannten Gemälden und bunten Straßenszenen gibt es auch an vielen weniger bekannten Straßenecken etwas zu sehen. Die Stadt verändert sich ständig und so auch ihre Kunst. Es ist ein Erlebnis, durch die Straßen zu schlendern und ganz umsonst hautnah an die Werke unzähliger Künstler zu geraten. Nehmen Sie sich etwas Zeit und bereiten Sie sich auf einen Tag des Staunens vor.